Nachdem Apple und Google ihren Ansatz für eine auf Bluetooth basierende Technologie für ihre mobilen Betriebssysteme für die Nachverfolgung von Kontakten zu positiv auf das Coronavirus getesteten Personen vorgestellt hatte, forderten verschiedene Regierungen und Gesundheitsbehörden, darunter unter anderem auch die von Deutschland und Frankreich, einen weiterreichenden Zugriff auf die Personenerfassung. Die beiden Silicon Valley Konzerne lehnten dies mit Verweis auf den Datenschutz ab und boten somit verschiedenen Ländern die Stirn - mit Erfolg wie sich nun zeigt.
Der Ansatz der beiden Unternehmen basiert darauf, dass keine Ortung der Nutzer per GPS geschieht, sondern lediglich komplett anonymisiert auf Basis von Low-Energy Bluetooth ermittelt, welche anderen Geräte sich in der Nähe befinden. Befindet sich darunter ein Gerät eines positiv auf das Coronavirus getesteten Nutzers, erscheint eine Benachrichtiung auf dem Gerät. Dabei werden keine Nutzerdaten oder sonstige Informtionen erfasst und die Identifizierung der Geräte erfolgt auf Basis eines zufällig erstellten und wechselnden Codes. Zudem wird es Nutzern nicht möglich sein, sich selbst als positiv getestet zu hinterlegen, um eine Verfälschung der Ergebnisse zu verhindern. Wichtig ist dabei, dass keine Nutzerdaten auf irgendwelche Server geladen, sondern direkt auf den Geräten der Nutzer gespeichert werden. Man spricht hier von einer dezentralen Speicherung, während verschiedene Regierungen und Gesundheitsbehörden eine zentrale Speicherung auf ihren Servern präferierten.

Nun hat Deutschland diesbezüglich umgeschwenkt und wird wohl auf die Nutzung von Apple und Google setzen. Während es am Freitag noch hieß, dass man weiter einen zentralisierten Ansatz verfolge, berichtete Reuters am Sonntag, dass Deutschland seinen Standpunkt überdacht und geändert habe. Dies dürfte auch die Abkehr von dem bislang präferierten "Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing" (PEPP-PT) Ansatz bedeuten. Mit dem Schritt möchte man vor allem die Akzeptanz der angestrebten App erhöhen, die allerdings wohl noch mehrere Wochen auf sich warten lassen wird. In einer gemeinsamen Erklärung von Gesundheitsminister Jens Spahn und Kanzleramtsminister Helge Braun heißt es:
"[...] Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Bundesregierung auf eine dezentrale Softwarearchitektur, die die in Kürze zur Verfügung stehenden Programmierschnittstellen der wesentlichen Anbieter von mobilen Betriebssystemen nutzt und gleichzeitig die epidemiologische Qualitätssicherung bestmöglich integriert. Das bedeutet konkret, dass wir den Einsatz einer konsequent dezentralen Softwarearchitektur für die Anwendung in Deutschland vorantreiben werden. Darin soll auch die Möglichkeit integriert werden, dass Bürgerinnen und Bürger freiwillig in pseudonymisierter Form Daten zur epidemiologischen Forschung und Qualitätssicherung an das Robert Koch-Institut übermitteln können.
Die Bundesregierung wird für die Nutzung dieser Möglichkeit werben, weil es wichtig ist, eine ausreichende Datenlage zu generieren, mit der Aussagen zum Infektionsgeschehen möglich sind und die epidemiologische Relevanz von Kontakten bewerten zu können, um perspektivisch möglichst zielgenaue Quarantäne auszulösen. Durch die Einbindung von Testlaboren könnte darüber hinaus eine möglichst frühzeitige Warnung an kritische Kontakte von positiv getesteten Patienten erfolgen."
Das bislang mit der Entwicklung der deutschen App beauftragze Fraunhofer HHI wird von dem Projekt abgezogen und laut Fraunhofer HHI Leiter Thomas Wiegand die bisher erzielten Ergebnisse an den Nachfolger übergeben.
Morgen soll es nach Aussage von Apple CEO Tim Cook erste Betaversionen von iOS und Android geben, die die neuen APIs beinhalten, um den Behörden und Entwicklern der Tracing-Apps Gelegenheit zu geben, die neuen APIs zu testen. Im Falle von von Apple werden iOS-Geräte unterstützt, die in den vergangenen vier Jahren auf den Markt kamen. Die ältesten unterstützten Geräte wären damit das iPhone 6s und das iPhone 6s Plus.
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