Kommentar: Die Scheinwelt der Apple Retail Stores
Egal wo man sich dieser Tage in der deutschen Presse umsieht, beinahe überall wird momentan über die Arbeitsbedingungen in den zehn deutschen Apple Retail Stores berichtet. Zumeist ist der Tenor dabei derselbe. Was nach außen hin als cooler Job in einem der angesagtesten Unternehmen der Welt aussieht, in dem die Mitarbeiter stets freundlich, kompetent und vor allem gut gelaunt sind, soll nach innen ein System von miesen Gehältern, noch schlechteren Arbeitsbedingungen und Ausbeutung sein. Dass zumindest nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen in den Apple Stores ist, zeigte sich nicht zuletzt darin, dass die Mitarbeiter im ältesten deutschen Store in München bereits einen Betriebsrat gegründet haben. Die Frankfurter Filiale soll laut Spiegel im Dezember diesem Beispiel folgen und damit den Weg für einen Gesamtbetriebsrat für Apple Retail Germany ebnen. Dass dies nötig sein könnte, geht aus einem aktuellen Bericht in der Printausgabe des Spiegel mit dem Titel "Im Hüllenhimmel" hervor, in dem auf verschiedene Misstände in den Apple Retail Stores eingegangen wird. Dort kommen auch ehemalige und aktuelle Mitarbeiter der Ladengschäfte zu Wort, die von per Stoppuhr kontrollierten Pinkelpausen, schlechten Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gesundheitsschäden, wie Tinnitus berichten.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Bezahlung in den Stores. So soll es bis vor Kurzem noch Mitarbeiter gegeben haben, die lediglich einen Stundenlohn von € 10,- erhielten. Seit dem Sommer 2012 soll der Stundensatz jedoch auf mindestens € 15,- angehoben worden sein. Wie mir von einem anonym bleiben wollenden Mitarbeiter mitgeteilt wurde (herzlichen Dank dafür!), ist dies jedoch nur die halbe Wahrheit. So sollen nun neue Mitarbeiter zu einem Kurs von € 13,50 eingestellt werden. Zudem sollen während des Weihnachtsgeschäfts "Saisonmitarbeiter" beschäftigt werden, die nur einen Arbeitsvertrag für einen Monat zu einem Stundenlohn von € 14,- erhalten. Bis dato war es bei Apple üblich, unbefristete Arbeitsverträge zu schließen. Der nun eingeschlagene Weg deutet aber eher auf eine Zukunft nach dem amerikanischen "Hire & Fire"-Prinzip hin. Übrigens spendiert Apple weder Urlaubs- noch Weihnachtsgeld. Nicht mal eine Weihnachtsfeier ist für die Mitarbeiter drin.
Auch die Themen Lärm und Überfüllung der Stores werden immer wieder thematisiert. So wird auch meine Quelle des Öfteren gefragt, wie sie es in dem Laden auf Dauer aushalten könne. So sorgt die schlechte Luft dafür, dass regelmäßig Kunden und Mitarbeiter wegen Kreislaufbeschwerden mit dem Krankenwagen abgeholt werden müssen. Vor allem im Sommer bestehe dieses Problem, da die installierte Klimaanlage nicht für einen so großen Traffic ausgelegt ist, was dazu führt, dass es im Winter oft zu kalt, im Sommer oft zu heiß in den Läden ist. Als "Workaround" wird die Anlage auf dem Dach im Sommer sogar mit Wasserschläuchen gekühlt, weil sie sonst ausfällt. Ähnliches berichtet der Spiegel auch aus der Filiale im Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg. Dort gibt es im Lager keine Belüftung, da es laut Mietvertrag nicht vorgesehen ist, dass sich dort Menschen aufhalten. Allerdings wurden dort nachträglich doch noch Arbeitsplätze eingerichtet.
Betritt man einen Apple Store, ist dieser eigentlich immer voll. Was sich sicherlich zu einem großen Teil auch auf die neugierigen Kunden zurückführen lässt, wird aber auch durch offensichtliche Fehlplanungen bei vereinbarten Kundenterminen verstärkt. So berichtet meine Quelle, dass die Genius Bar meist dermaßen überbucht ist, dass Kunden auch schon mal über eine Stunde warten müssen, bis sie ihren Termin wahr nehmen können. Dass dies weder bei den Kunden, noch bei den Mitarbeitern für die beste Laune sorgt, ist klar. Apples Planung sieht an der Genius Bar für jeden iOS Termin 15 Minuten vor. In der Realität haben die Geniuses allerdings nur 10 Minuten Zeit, wenn überhaupt. An einem der letzten Samstage hatte der betroffene Store teilweise 80 Termine pro Stunde, verteilt auf 10 Mitarbeiter. Dass diese Rechnung nicht aufgehen kann, sollte auch ein unqualifizierte Planer auf den ersten Blick erkennen.
Beeindruckens ist für mich, dass all dies bei der Mehrheit der Retail-Mitarbeiter nicht zu einem Motivationsabfall führt. So berichtet auch meine Quelle, dass die Mitarbeiter stets bemüht sind, einen erstklassigen Kundenservice zu bieten. Und dies merkt man meiner Meinung nach auch bei jedem Besuch in einem Apple Store. Jeder Mittarbeiter gibt sich die größte Mühe, um für den Kunden alles möglich zu machen. Das schlechte Management lasse dies jedoch im Augenblick leider nicht uneingeschränkt zu. Die geforderten Leistungen (siehe u.a. die angesprochene Terminzahl, etc.) seien einfach nicht leistbar. Und darunter leiden nicht nur die Mitarbeiter, sondern am meisten der Kunde. Wie lange dies noch gut geht, muss abgewartet werden.
Bei meinem Besuch im Münchener Apple Store am gestrigen Montag war der Store mal wieder bis unter die Decke gefüllt. Trotz nicht gerade blendenem Wetters war es extrem warm in dem Laden, was bei der Anzahl der sich dort tummelnden Personen nicht weiter verwunderlich war. Dennoch waren alle Mitarbeiter gewohnt bemüht, freundlich und kompetent, was äußerst beeindruckend ist. Ob sich die Bedingungen durch den Weggang des bisherigen Retail-Chefs John Browett hieran etwas ändern wird ist fraglich. Und somit scheint tatsächlich nur die Gründung eines Betriebsrats ein Hoffnungsschimmer für bessere Bedinungen in den Apple Retail Stores zu sein.
Ich persönlich gehe aus den oben angeführten Gründen (Freundlichkeit, Kompetenz, Engagement, ...) stets sehr gerne in einen Apple Store. Die Store-Mitarbeiter tragen dabei einen großen Teil zum "Erlebnis Apple Store" bei. Bleibt die Hoffnung, dass Apple irgendwann erkennt, dass die Stores ohne diese Mitarbeiter nur noch (wenn überhaupt) die Hälfte wert sind. Abschließend noch einen herzlichen Dank an meine anonyme deutsche Retail-Quelle für den Einblick in die Realität hinter den Kulissen!
Kommentare
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stefan am :
Bayz am :
Davon abgesehen: die Zukunft wird zeigen, was nun Lärm und was Tatsache an den Geschichten ist.
Ein Betriebsrat ist jedenfalls eine tolle Sache.
Steffen am :
Lenny am :
a am :
Christian am :
Zu den Bedingungen: Traurig dass es den Miiarbeitern so geht, und das bei einem Konzern wie Apple. Für sowenig Geld den ganzen Tag Lächeln und dann sowas hinter den Kullissen erleben...
SteGor am :
Schlechte und warme Luft.....das Problem haben nicht nur Apple Stores. Es soll sogar noch Büros und Läden geben, die gar keine Klimatisierung haben.
Ich finde von Ausbeutung und miesen Arbeitsbedingungen hier zu sprechen ist ein wenig jammern auf hohem Niveau. Millionen geht es nicht besser, sondern wesentlich schlechter.
SteGor am :
Ich kann nicht den Job annehmen und danach von mieser Bezahlung sprechen.
Dirk am :
Fangen wir bei den Politikern an, die es binnen 12 Jahren geschafft hat die Mittelschicht auszuhebeln...
Der Boss am :
a am :
a am :
Angelika am :
Ulf am :
du vergisst wohl, dass die Beiträge im Forum nicht vom Spiegel sondern von den Leuten wie dir und mir geschrieben werden. Also von Menschen, die Apple-Produkte entweder lieben oder hassen. Insofern gibt es keinen Grund, den Spiegel dafür zu kritisieren, dass deren Leser eine bestimmte Meinung haben.
Harley-Mike am :
Siehe http://gehaltsvergleich.com.
Welche Qualifikation wird bei Apple verlangt (Berufsausbildung, Schulabschluss)?
Auch 10 € / h = 1.600 € wären somit noch im Rahmen. Was verdient der Media Markt Mitarbeiter?
Wie bereits von anderen gesagt, jammern auf hohem Niveau?
JM am :
Anonym am :
Björn am :
Online waren keine Termine zu bekommen da ausgebucht - ohne Termin ist Stundenlanges Warten angesagt.
Die Jungs und Mädels sind kompetent und freundlich und bemüht und wuseln wie Ameisen - aber viel zu wenige um des Andrangs Herr zu werden. Das gilt insbesondere für die Geniusse...
Das erinnert eher an Akkordarbeit als an einen klassischen Verkäuferjob.
Frustrierende Erlebnisse als Kunde im Store sind nicht selten - und das ist keine Schuld der Mitarbeiter.
JM am :
Ich selbst bin jeder Hinsicht begeistert von Apple Produkten, finde aber diese Profit-Strategie, die Apple an den Tag legt alles andere als human! Klar muss ein Unternehmen dieser Größenordnung nach Gewinn streben, die Frage ist nur an welcher Stelle man hierfür spart... Meiner Meinung nach sollte es definitiv nicht das Personal sein! Wäre es nicht angebrachter den Gewinn eines einzelnen Produktes von 400% auf 300% zu reduzieren? Anscheinend nicht.
Leider bestätigt sich hier wieder die Tatsache, dass Reichtum nur auf dem Rücken anderer entstehen kann.
Meine Begeisterung für Apple Produkte wird sich zwar dadurch nicht verringern, der Konzern an sich wirft bei mir jedoch immer mehr Zweifel auf. In Apples Chefetagen sollte man sich für die Zukunft überlegen, wovon man mehr profitiert. Von mehr Profit und einem schlechteren Image oder von "weniger" umfangreichen Gewinnen und dem Motto "Produkt und Mitarbeiter sind gleichgestellt".
Danke Flo für Deine Einschätzung, die ich jedoch persönlich für zu unkritisch halte. Wie gesagt Begeisterung ist die eine Sache, Arbeitsbedingungen aber mindestens genauso wichtig!
Manuel am :
Aber das die ma dort so behandelt werden, da schaeme ich mich ja schon fast apple produkte zu besitzen.
Gut dass das mit dem betriebsrat begonnen hat.
thorben am :
Meine Freundin arbeitet für weniger als 10€ die Stunde brutto im medizinischen Bereich. Die wurde sich über 15€ gut freuen.
Meine Mama arbeitet im Lebensmitteleinzelhandel auch für bedeutend weniger Kohle. Die bekommt aber immerhin Weihnachtsgeld ^^
Monster am :
Monster am :
Anonym am :
Nick am :
Ich habe 6 Apple Produkte und bin bis auf ein paar Kleinigkeiten Super happy damit. Ob ich sie mir in Zukunft leisten kann werde ich noch sehen.
Ich habe auch in so einem Unternehmen gearbeitet. So lange du in diesem Teich schwimmen kannst, gehörst du dazu. Du darfst sogar deine Meinung sagen und Ideen umsetzen. Doch sobald du länger durchhängst oder den Weg nicht mitgehen willst, dann bist du raus!
Ich kann das auch nachvollziehen, allerdings habe ich das zu spät erkannt! Jeder muss jeden Tag, bei jeder Entscheidung sein Leben leben!
Also jeder bei Apple kann unter den Bedingungen arbeiten oder auch gehen! Jeden Morgen hat er die Wahl.....
Angelika am :
Bei den Stundenlöhnen von Apple komme ich außer bei einem 3 fachen Familienvater mit diesem Lohn garantiert nicht in den Bereich der Staatssubventionierung via Hartz IV Aufstockung.
Wem dieser sicher nicht Bombige Stundenlohn (wohlgemerkt aber auch kein Dumpinglohn unterhalb eines fiktiven Mindestlohnes) zu wenig ist, wird bei entsprechender Qualifikation nach einer Weile einen anderen Job suchen, finden und gehen. Der Rest wird mit Sicherheit froh sein, dennoch diesen Lohn zu bekommen, denn sowohl im Einzelhandel wie auch bei Freiberuflern (Arzthelferinnen, Rechtsanwaltsgehilfen, Steuerfachgehilfen von Steuerberatern, sind die Tarife exakt genauso schlecht.
Was die Belüftung und Temperatur angeht: wir haben in Deutschland keine Arbeitstemperatur bei der ein Arbeitnehmer wegen zuviel Hitze (auch jenseits der 35 Grad plus oder 10 Grad Minus die Arbeit niederlegen kann.
Ich arbeite im Büro einer Bäckerei -- im Sommer steigt die Backstubenhitze des Tages von der Backstube in den Flachbau und in den Büros besteht zwischen 28 und 25 Grad. Außer dem Serverraum ist im Büro kein Raum klimatisiert.
Also ich denke, es gibt schon eine Menge Leute, denen es verdammt schlechter geht. Wem das nicht paßt, und wer die Qualifikation hat, wird garantiert einen anderen Job suchen, finden und gehen.
Und für den verbleibenden Rest ist ja nun ein Betriebsrat da -- wobei ich in meinem Arbeitleben (seit 1974) die Erfahrung gemacht habe, das mir Gewerkschaft und Betriebsrat eher meine Möglichkeiten versaut hätten, als ich sie mir selbst in Einzelverträgen erkämpft habe.
Florian am :
Angelika am :
Oliver am :
Über Lidl reden alle.
Und was kommt bei Brutto raus?
GustavG am :
Im Münchner Apple Store ist mir jmd. bekannt, die dort trotz Grafikdesign-Studium seit ca. 2009 im Retail arbeitet, heute Schulungen durchführt.
Mit dem Studium ließe sich mit Sicherheit "geruhsameres" mit mehr Gehalt erschließen, dennoch scheints dort ja Spaß zu bringen.
Nichtsdestotrotz ist eine ordentliche Mitarbeitervertretung, so sie diese auch wirklich vertritt, immer begrüßenswert.
Immerhin ist das Personal im Store das erste Aushängeschild zum Kunden!
hotgismo am :
Aip am :
Mic am :
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Flo am :
AppStore Tester (aka Robby) am :
Nein, bleibe bei wenig Links, stelle sicher, dass die Links problemfrei sind! Schreibe den Text in recht gutem Deutsch ohne Rechtschreibfehler und Groß/Kleinschreibung beachten. Und zu viele Kommentare können auch Probleme machen!
MacMax am :
Guckt doch nicht immer auf Apple. Woanders stinkt der Fisch viel gewaltiger..
Expee am :
Da sind eher 7,50 - 8,50 Euro die Regel.
Was natürlich lächerlich ist. Da finde ich 14 Euro für ne Aushilfskraft geradezu generös.
Hans am :
Badcreature am :
Das gilt gleichermaßen für viele hier aufgezählte Berufe!
Es ist ja nicht nur das Verkaufen. Es ist auch fundierte Kenntnisweitergabe und Selbstkontrolle in erhöhtem Maße (jedenfalls im Vergleich zu meinem Job wo schlechte Laune NICHT verboten ist...).
Warum man in Deutschland so gern nach unten vergleicht, vor allem wenn man selbst zu wenig bekommt, verwundert mich immer wieder.
Ist es so erstrebenswert wenig zu "verdienen"?
Gut, wenn man Arbeitgeber ist, ist es sicher toll nur 8,50 € an den Mitarbeiter abzudrücken. Aber ich lese hier doch eher die Interpretationen/Vergleiche von Geringverdienern begleitet von Kommentaren al a "sollen sich nicht so anstellen".
Das verstehe ich nicht.
Kotushu am :
Suicide27Survivor am :
Suicide27Survivor am :
Aber natürlich ist das schon ne krasse Nummer von Apple(bei dem Erfolg,der nicht nach unten weitergegeben wird.Nur die oben machen sich die Taschen voll=wie fast überall), aber leider ist der Verdienst im Einzelhandel/Verkauf nunmal besch....eiden. Aber wo ist es noch gerecht?
Suicide27Survivor am :
AppStore Tester (aka Robby) am :
Test1 am :
Wisst ihr eigentlich ob man als Schüler in einem Apple Store ein Praktikum machen kann?
Vielleicht auch mit kleinem Honorar?
Rainer am :
International erfolgreiche Firmen beuten ihre Arbeiter aus und behandeln die Mitarbeiter schlecht. Umso erfolgreicher ein Unternehmen international ist, desto mehr muss es dafür andere ausbeuten. Je nach Land und Gesetzen, soweit wie eben möglich.
Anonym am :
Lenny am :
Ich werde dort nie wieder arbeiten wollen.