Kommentar: Apple und die Erotik-Apps

Stein des Anstoßes ist hierbei die BILD-App des Springer-Verlags, deren aktuellste Version offenbar von Apple aufgrund der gezeigten nackten Tatsachen des BILD-Girls abgelehnt wurde. Mit einer speziellen Funktion der App ließ dieses nämlich durch das Schütteln des iPhone nach und nach ihre Hüllen fallen. Dies geschieht inzwischen allerdings nur noch bis zum Bikini. Auch die App des Stern verschwand zwischenzeitlich aufgrund einer abrufbaren Erotik-Galerie aus dem AppStore. Aus diesem Grund hat der Springer-Verlag nun den Zeitungsverlegerverband eingeschaltet. In einer E-Mail an selbigen heißt es in typisch reißerischer BILD-Manier "Heute sind es nackte Brüste, morgen womöglich redaktionelle Artikel".
Ich möchte an dieser Stelle nicht meine schützende Hand über Apple halten und auch nicht alles verfechten, was man sich in Cupertino so ausdenkt. Es gibt jedoch ein paar Fakten die man berücksichtigen sollte, bevor man von einem Angriff auf die Pressefreiheit spricht. Zunächst einmal muss man deutlich unterscheiden wo die Zensur betrieben wird. Dies geschieht nämlich im AppStore, einer Plattform, die von Apple betrieben wird und für die Apple somit auch eine gewisse Verantwortung was die Inhalte betrifft trägt. Veröffentlicht man eine App im AppStore, bindet man sich an die Vereinbarungen die Apple einem dabei vorschreibt. Das ist nicht nur bei Apple so, sondern auch auf anderen Plattformen, die von anderen Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Stimmt man diesen Vereinbarungen zu, bindet man sich gleichzeitig an die Spielregeln, die auf der jeweiligen Plattform herrschen. Will man dies nicht, darf man eben nicht mitspielen. Schaut man sich die Aussage von Phil Schiller einmal genauer an, geht es darum, dass Apple Beschwerden von Kunden erhalten hat, die sich auf die Inhalte einiger Apps im AppStore beziehen. Und genau hier ist Apple auch als Betreiber dieser Plattform gefragt, sich dieser Beschwerden anzunehmen.
Die Zensur beschränkt sich also wie geschildert auf den AppStore. Greift man vom iPhone hingegen per Browser auf die mobilen Seiten von BILD.de zu, stehen einem nach wie vor sämtliche nackte Tatsachen uneingeschränkt zur Verfügung. Das einzige Problem das sich aus meiner Sicht auftut ist die Tatsache, dass Apple mit seinem AppStore bereits jetzt (ähnlich wie beim iTunes Store) eine gewisse Monopol-Stellung genießt. Ein Verlag, auch in der Größenordnung des Springer-Verlags, ist quasi gezwungen, eine eigene App auf dieser Plattform zu veröffentlichen, will man nicht den Anschluss und damit potenzielle Leser verpassen. Aber noch einmal, Apple hat lediglich Einfluss auf die Inhalte der Apps, nicht jedoch auf die Inhalte von Webangeboten der Verlage. Hier endet nämlich auch Apples Verantwortung, die man in Cupertino, wie bereits erwähnt, im AppStore aber nunmal durchaus hat.
Eine sicherlich bessere Lösung als das unangekündigte Entfernen von Apps aus dem Angebot, wäre vermutlich eine bessere Alterskontrolle und damit verbundene Eingriffsmöglichkeiten durch Eltern auf die verfügbaren und auf dem iPhone installierbaren Apps. Dies ist zwar bereits jetzt bereits rudimentär möglich, könnte aber sicherlich noch stark verbessert und auch ein bisschen besser promotet werden. Zudem mangelt es an einer gewissen Transparenz, da einige Apps, wie z.B. die des Playboy, nach wie vor verfügbar sind. Phil Schiller begründet dies mit der Aussage "The difference is this is a well-known company with previously
published material available broadly in a well-accepted format". Hiermit kann ich mich nicht wirklich anfreunden, da es zum einen inkonsequent wirkt und zum anderen die nackten Mädchen genauso zum Playboy gehören, wie das BILD-Girl zur BILD. Hier ist also noch dringender Klärungs- und Nachbesserungsbedarf. Offenbar ist man in Cupertino auch schon dabei, den AppStore um eine "Explicit"-Kategorie zu erweitern. Diese steht aktuell bereits Entwicklern zur Verfügung, um ihre neuen oder bestehenden Apps hierein einzuordnen (siehe Screenshot). Im Falle der BILD- und Stern-Apps dürfte dieser Schritt allerdings keine Abhilfe bringen, da sich diese wohl kaum in einer Explicit-Kategorie wiederfinden werden. Aktuell fehlt die entsprechende Kategorie noch im AppStore und für die Umsetzung auf dem iPhone wäre zudem vermutlich auch ein Update des iPhone OS notwendig. Immerhin kann dies aber als ein Schritt in die richtige Richtung gewertet werden.
Die Befürchtungen und Beschwerden die sich durch Apples Politik ergeben, sind in mancherlei Hinsicht durchaus nachvollziehbar. Als Betreiber der Plattform hat Apple aber auch die Verpflichtung, die Inhalte der dort vertriebenen Apps zu prüfen und gegebenenfalls einzugreifen. Spannend wird es daher in jedem Fall zu beobachten, wie es sich mit dem iBook Store oder einem eventuellen Pendant für Zeitungen und Zeitschriften verhalten wird. Sollte Apple auch hier größeren Einfluss, z.B. auch auf redaktionelle Inhalte nehmen, wäre es in der Tat an der Zeit auf die Barrikaden zu gehen. Bislang sehe ich es allerdings eher so, dass Apple mit der Zensur von erotischen Inhalten eher seiner Sorgfaltspflicht und seiner Verantwortung für den AppStore nach kommt, als die Pressefreiheit zu gefährden. Ein sicherlich kontroverses Thema - ich bin gespannt auf eure Kommentare!
Kommentare
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Adem am :
Severin am :
Daniel am :
Santa am :
wenn soetwas entfernt wird, dann bitte ganz
alex
Santa am :
die apps die runtergeladen wurden bleiben auf dem iPod man kriegt das Geld nicht zurück sondern behält die App.
Alex
L.B am :
mbirth am :
Kriegsspielchen, wo man Menschen abschlachtet, findet man weiterhin im AppStore. Aber wehe, man sieht irgendwo ein Quäntchen zuviel Haut - das wird dann gleich von Apple gelöscht. Und Mangels Deutschkenntnissen gleich noch ein paar Kollateralschäden dazu (z.B. das "Boys & Toys" eBook, welches von Autos, Maschinen, etc. handelt) ...
Die Explicit-Kategorie ist jetzt nur die Notlösung von Apple, weil sie scheinbar mit soviel Protest nicht gerechnet haben. Hoffen wir, dass sie daraus gelernt haben. Wenn in etwa 1 Jahr mein Vertrag ausläuft, werd ich mal schauen, ob's wieder ein angebissener Apfel wird, oder ich mal wieder über den Tellerrand schaue.
Rob am :
Wo sind wir denn? Im Kindergarten? Ich finde es empörend, dass ein Hard- und Softwarekonzern meint, den Verlagen vorschreiben zu dürfen, was auch ihren Inhalten zensiert oder gelöscht wird. Umso widersprüchlicher finde ich, dass man Zensuren in China und Iran rügt und gleichzeitig die natürlichste Form des menschlichen Daseins, nämlich Nacktheit, als größte Sünde im Journalismus anprangert und löscht. Aber spielerische Abschlachtereien bleiben legal und sind weiterhin erwünscht, egal ob das Blut spritzt bei all den Massakern, die der User in einigen Apps anstellen kann.
Diese amerikanische Moral von GUT (Abschlachten) und BÖSE (Nacktheit) geht mir inzwischen voll auf den Keks.
Und Apples Vorgehen in den letzten Tagen hat das Fass hier einfach zum Überlaufen gebracht.
Martin87 am :
mbirth am :
Ja, und genau in dem Satz liegt das Problem: Apple hat zwar für jedes Land einen eigenen AppStore - aber das Kontrollgremium scheint sich ausschließlich in den USA zu befinden und wendet daher die US-Vorstellungen der gesellschaftlichen Werte an. Und dort sind halt nackte Brüste so ziemlich das verbotenste, was man öffentlich zeigen könnte, während Waffen, Krieg und blutige Massaker zum guten Ton gehören.
Rob am :
Sehr bedenkliche Entwicklungen vollziehen sich momentan in diesem Bereich.
Rob am :
Vorvormundung par excellence.
Und auch dann wird es SONY-Fans geben, die sagen: SONY hat doch recht damit, dass uns das Schauen von Pornos untersagt wird, es könnte ja Jugendliche gefährden.
Und der Witz an der Sache: es geht hier nichtmal um Hardcore-Dinge, sondern einfach um leichte Bekleidung...
phpman am :
Hat man die App einmal lässt sich der Zugriff gar nicht mehr beschränken. Es sollte in den Einstellungen die Möglichkeit geben auszuwählen bei welcher App ein Sicherheitscode abgefragt werden soll.
An sich ist es schon etwas anrüchig, dass Apple einfach Apps entfernt. Auch wenn man die App bei Apple einreicht und damit sich an Apples Regeln halten muss sollte es möglich sein Apps mit erotischen Inhalt in den AppStore zu bringen und nicht wegen solchen Kleinigkeiten zum Teil die App nicht zu zulassen. Andere Apps wie der Playboy werden wiederum zugelassen - solch eine Begründung kann ich nicht verstehen. Das ist dasselbe wie mit Google Voice und anderen Apps die Apple das Geschäft (angeblich) versauen oder Apple Schwierigkeiten bringen könnten.
Caro am :
Rob am :
Das kann man so fortsetzen, so dass völlige Willkür akzeptabel wird...
Wo leben wir nur, dass ein Hardwarehersteller uns vorschreibt, welche Inhalte wir uns anschauen dürfen. Vielleicht zensiert Apple in seinem Safari-Browser auch bald sämtliche nicht freigegebene Seiten. Merkt ihr denn gar nicht, wohin das Ganze führen kann? Wehret den Anfängen!