Kommentar: Die Darstellung Apples in den Massenmedien

Die Antwort lautet: Schneeballeffekt. Öffnet man die App, erhält man von den in der Beschreibung versprochenen 50 Sendern lediglich ein paar wenige angeboten. Die großen deutschen Sender wie RTL, Sat.1 und Co. fehlen dabei komplett. Allerdings versprachen die Anbieter bis vor Kurzem noch zusätzliche Sender, wenn man die App mit fünf Sternen im AppStore bewertet. Hieraus entstand letztlich eine Spirale, die die App immer weiter nach oben in den Charts katapultierte. Je höher die Bewertungen, desto attraktiver wird die App für neue Käufer. Erst recht bei einem relativ niedrigem Preis. Im Endeffekt eine einfache Rechnung: Je mehr positive Bewertungen, desto mehr Käufer, desto höhere Chartposition, desto mehr Käufer, desto mehr positive Bewertungen, desto mehr Käufer, desto höhere Chartposition und so weiter. Dies ist letzten Endes ein grundsätzliches Problem im AppStore, womit der Stern-Autor auch vollkommen Recht hat und einen wunden Punkt anspricht. Die schwarzen Schafe unter den Entwicklern spielen hier mit der Unwissenheit der Käufer, dass sich in der Regel für den Entwickler keine Rückschlüsse aus den abgegebenen Rezensionen auf die zugehörige Person ziehen lassen. Unter anderem haben hierdurch Entwickler keine Möglichkeit, mit einem Käufer wegen einer negativen Bewertung in Kontakt zu treten, um das Problem bilateral aus der Welt zu schaffen. Folglich kann auch das Angebot der App nicht durch irgendwelche Bewertungen individuell auf den Käufer angepasst werden, etwa durch eine größere Programmauswahl.
Was grundsätzlich eine gut gemeinte Warnung an AppStore-Nutzer hätte werden können, driftet gegen Ende des Stern-Artikels dann aber doch leider wieder in Richtung Apple-Bashing. Als hätte man es erwartet, folgt irgendwann die Kapitelüberschrift "Apple verdient mit", was an dieser Stelle mit dem eigentlichen Thema erstmal wenig zu tun hat, dem Leser aber im Unterton wieder einmal das Wörtchen "Skandal" unterjubelt. Mit der weiteren Andeutung "Doch
warum ist die Anwendung trotz zahlreicher Beschwerden noch immer im
App Store verfügbar? Und wie konnte sie überhaupt den strengen
Überprüfungsprozess durchqueren? Auf eine Anfrage von stern.de
hat Apple bislang nicht reagiert. Kritisch: Bei jedem App-Verkauf
verdient Apple knapp ein Drittel des Kaufpreises mit." wird der schwarze Peter eher Apple als dem Anbieter der App zugeschoben. Der AppStore-Zulassungsprozess steht dabei immer wieder in der Kritik. Neu ist an dieser Stelle, dass er dieses Mal offensichtlich nicht zu hart gegriffen und einer App mit Brüsten und obszönen Worten den Zugang zum AppStore verweigert hat, sondern eine App hineingelassen hat, die dort eigentlich nicht hinein gehört. Nach dem Motto "ich biege mir die Kritik am Zulassungsprozess so zurecht, wie es gerade passt". Wie es Apple macht, ist es also letztlich verkehrt. Die Botschaft die beim Leser ankommt: Der Kunde ist egal, hauptsache in Cupertino rollt der Rubel. Skandal!
Noch einmal, der grundsätzliche Ansatz des Stern-Artikels ist gut und richtig und die Thematik sollte durchaus öfter in den Massenmedien auf den Tisch kommen. Schließlich schafft so etwas ja auch Aufklärung. Warum aber muss man dabei immer Apple als den eigentlich Schuldigen mit ins Boot holen? Hinzu kommt, dass der Artikel an einzelnen Stellen nicht wirklich gut recherchiert oder einfach schlampig wiedergegeben ist. So zum Beispiel in dem Abschnitt "Wenn die Nutzer das merken, ist die dreiste Masche der App-Entwickler längst aufgegangen: Sie haben nicht nur 89 Cent kassiert, sondern dafür auch noch die Höchstwertung erhalten. Die wiederum wirkt vertrauenserweckend für weitere Kunden, da User-Bewertungen häufig das einzige Indiz sind, mit der sich die Qualität einer Anwendung erahnen lässt. Eine App mit mehreren tausend positiven Bewertungen wird nur selten hinterfragt." Verheimlicht wird hier, dass jeder Nutzer jederzeit die Möglichkeit hat, seine abgegebene 5-Sterne-Bewertung auch in eine 1-Sterne-Bewertung umzukehren und dabei auch den Text der Rezension zu ändern. Hierzu reicht die bloße Neuabgabe der Bewertung bzw. Rezension aus. Ein weiteres Beispiel ist der Abschnitt: "Kann man nach dem App-Kauf sein Geld zurückbekommen? In den Geschäftsbedingungen von Apple werden Rückgaben grundsätzlich ausgeschlossen." Auch dies ist nicht ganz korrekt. Zwar steht dies so tatsächlich so in den Geschäftsbedingungen und ist die Rückerstattung in der Tat ein Ausnahmefall. Der Weg über den Support steht jedoch immer offen und Apple zeigt sich im offensichtlichen Fall einer Abzocke erfahrungsgemäß auch stets kulant. Also, lieber Herr Fröhlich, an dieser Stelle wäre ein wenig mehr Recherche oder ein Selbsttest hilfreich gewesen.
Ich möchte mich hier nicht als großer Verteidiger von Apple aufspielen. Das wäre im Rahmen eines Apple-Blogs, der Cupertino eher positiv gesonnen ist auch wenig glaubhaft. Schließlich trage ich allein durch das Betreiben dieses Blogs ja schon den Stempel "Fan-Boy" auf der Stirn. Dennoch nervt es mich ganz einfach, wenn Fakten in den Massenmedien falsch dargestellt werden, denn das Bild das dadurch gezeichnet wird ist das, was bei den Leuten hängen bleibt. Die Gier nach Skandalen ist dabei die treibende Kraft, schließlich sorgen diese am ehesten für Leser, Klicks und Auflage und machen das eigene Angebot interessant. Dies wurde in den vergangenen Wochen vor allem auch beim Thema Arbeitsbedingungen sichtbar, wie ich es schon mehrfach angesprochen habe. Um es mal überspitzt zu formulieren ist die Botschaft dabei: "Bei Foxconn in China bringen sich Arbeiter um - Apple ist schuld, weil man dort fertigen lässt." Hat mal jemand in den vergangenen Wochen einen Aufmacher gelesen "Bei Foxconn in China bringen sich Arbeiter um - Sony ist schuld, weil man dort fertigen lässt."? Eher nicht. Und dies führt uns wieder zum Anfang dieses Artikels. Apple steht eben im Fokus weil man inzwischen wieder der Technologie-Vorreiter schlechthin ist. Ein Aushängeschild. Eine coole Marke. Und da gilt es drauf zu hauen. Da muss doch ein Makel sein. Ah, da ist einer! Eine App mit erotischen Cartoons darf nicht in den AppStore? Skandal! Apple hat nicht verhindert, dass eine App wie "TV Deutschland" in den AppStore kommt? Skandal!
Skandale ziehen eben. Nachzufragen ist dies aktuell unter anderem auch bei einem gewissen Herrn Hoeneß. Dessen Steuerpraktiken sind sicherlich in dem aktuellen, speziellen Fall höchst fragwürdig und müssen auch entsprechend sanktioniert werden. Allerdings hat Herr Hoeneß aus meiner Sicht in seinem Leben deutlich mehr richtig gemacht als falsch. Dennoch wird momentan alles auf seine Verfehlung reduziert. Ein Vorgang, den ich in höchstem Maße unfair finde. Die Parallelen zu Apple sind deutlich. Auch Uli Hoeneß stand Zeit seines Lebens für Erfolg. So jemanden zu "schlachten" muss für die Boulevardpresse ein wahres Fest sein. Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass die Boulevardpresse so jemanden dann auch gerne feiert, wenn er irgendwann wie Phönix aus der Asche wieder aufersteht.
A propos Steuerpraktiken. Auch hier stand Apple erst kürzlich in den Schlagzeilen. Grund war eine Vorladung von CEO Tim Cook, CFO Peter Oppenheimer und Philiip Bullock vor eine Kammer des US-Senats, wo die drei Manager zu Apples durchgängig legalen und gesetzeskonformen Steuerpraktiken im Ausland befragt wurden. Die Berichterstattung in den Massenmedien? Durchweg negativ. Es wurde das Bild vermittelt, Apple müsse sich vor dem Senat rechtfertigen. Letzten Endes ist dies vollkommener Blödsinn. Der Kammer des Senats ging es darum, mit Apple gemeinsam Beweggründe und Praktiken zu hinterfragen, um darauf aufbauend das amerikanische Steuersystem zu verbessern. In den Medien wurde Apple jedoch mehr oder weniger als größter Steuersünder der USA dargestellt.
Und dieses Bild setzt sich eben bei den Leuten fest. Dies habe ich neulich erst selbst bei meiner Mutter erfahren, die den Fernsehbericht über die Arbeitsbedingungen in China gesehen hatte. Wer ist der Schuldige? Apple. Nicht Sony, nicht Dell, nicht Samsung, nicht Nokia, die auch alle bei Foxconn fertigen lassen. Nein, Apple ist schuld. Ich habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Apple sich als eines der wenigen Unternehmen zumindest um bessere Arbeitsbedingungen in Fernost bemüht. Wird dies in den Massenmedien erwähnt? Nein. Dies schafft ja auch keine Auflage. Ist ja langweilig. Ist ja kein Skandal. Ähnlich ist es beim AppStore. Das Bewertungssystem ist definitiv überarbeitungswürdig, keine Frage. Dennoch wird in den Medien immer nur über den Zulassungsprozess berichtet. Mal ist er zu lax, mal zu streng, wie es eben gerade für einen "Skandal" passt. Recht machen kann man es hier ohnehin niemandem. Die Vorteile der bloßen Existenz des Zulassungsprozesses werden dabei gerne mal ausgeblendet. Erst in dieser Woche berichtete das Morgenmagazin von ARD und ZDF mal wieder über Smartphone-Viren. Nur mal zur Erinnerung: Diese existieren unter iOS faktisch nicht. Der Grund hierfür ist nicht zuletzt ist der AppStore-Zulassungsprozess. Erwähnt wird dies so gut wie nie. Pauschal ist immer die Rede von Smartphone-Viren oder -Malware, was ohne die Erwähnung der Vorteile von iOS auch das iPhone einschließt. Diese werden in der Regel ausgeblendet, in die andere Richtung haut man aber gerne mal drauf.
Als Fazit kann man letzten Endes ziehen, dass die Fachmedien sicherlich das korrektere Bild über spezielle Themen zeichnen, die Massenmedien aber die Stimmung machen. Das dafür erforderliche Verantwortungsbewusstsein schwindet jedoch offenbar in zunehmendem Maße. Ich möchte auch dem Stern-Autor Christoph Fröhlich nicht zu nahe treten, schließlich ist er in diesem Fall lediglich der Auslöser dieses Kommentars und sicherlich hat er für seinen Artikel auch durchaus recherchiert. Die dabei erzielten Ergebnisse werden allerdings leider (mal wieder) nicht immer der Wahrheit gerecht, weswegen ich es begrüßen würde, wenn sich die Massenmedien für solche Themen entweder Experten zulegten oder sie gleich der Fachpresse überließen. Nach dem alten Werbeslogan "Vielleicht hätten sie jemanden fragen sollen, der sich mit sowas auskennt". Auch bei Apple ist nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen, keine Frage. Und ich denke auch, dass ich jemand bin, der dies wahrnimmt und bei Bedarf auch hier im Blog thematisiert. Ein dermaßen falsches Bild, wie es jedoch aktuell in der Presse (nicht nur im Stern!) gezeichnet wird, halte ich aber erstens für bedenklich und zweitens auch für nicht gerechtfertigt.
Kommentare
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Ulf am :
Ulf am :
kamaflo am :
Nur wirbt Apple seit langem mit einem saubere, einfachere, bessere Welt Image, das schürt Erwartungen, also ist Apple zum Teil auch selbst Schuld. :-/
Nur bei den AppStorekontrollen bin ich anderer Meinung. Solange Apple daran verdient, technische und inhaltliche Kontrollen, sollte die Kontrolleure auch darauf achten, das die Apps auch das tun, was in Beschreibungen versprochen wird und das ist beim genannten Beispiel ja scheinbar nicht der Fall.
mac4ever am :
Problematisch ist immer, wenn etwas hoch- oder heruntergeschrieben wird. Jahrelang war Apple die fast schon Erlöserfirma, jetzt wird sie heruntergeschrieben. Aber das hatten wir alles schon mal und auch das wird sich wieder ändern.
Daß Apple polarisiert, finde ich aber nach wie vor gut.
audionet72 am :
Body am :
Ariri am :
Entschuldigung, aber das musste sein.
Anonym am :
Maik am :
klugscheißt
Anonym am :
Anonym am :
Anonym am :
Oliver am :
Und ihr anderen nervt einfach nur damit.
Stef am :
ghost.hand am :
Phil am :
Maik am :
Angelika am :
In den Nachrichten ein MBP auf dem Tisch und dann für meine Zwangs-GEZ in Frontal einen schlecht recherchierten Apple-Bericht loslassen.
Zu den In-App.-Käufen: wer ein IPhone benutzt, sollte über genügend Geist verfügen, damit umzugehen. Das gilt auch für Auslandsnutzung.
XD am :
Ben am :
Und nur weil jemand schon tolles geleistet hat, ist Steuerhinterziehung ja nicht so schlimm? Oder wie verstehe ich das?
Und warum solche Apps in den Store kommen, aber keine mit Brüsten; ist mir auch ein Rätsel.
Sorry, aber diesmal nicht deiner Meinung.
sAsChA am :
Dann wäre Apple in den USA sofort angeklagt worden. Sei bitte kein Opfer der Desinformation der Massenmedien...
Ben am :
ralfB am :
Das Problem ist mit solchen Reports ist, dass man nachher nichts mehr glauben mag.
So geschehen bei ZDF Frontal 21, die auch einen teilweise unzutreffenden und insgesamt sehr tendenziösen Bericht über Apples Steuerpraktiken veröffentlichen.
Danach kann man doch eigentlich keinen der anderen Berichte mehr glauben, die alle sehr sorgfältig recherchiert wirken, solange man sich mit der Materie nicht zufällig auskennt.
Insgesamt gehört bei den Medien eine ordentliche Portion Skepsis dazu, damit man seinen Verstand behält und sich nicht fernsteuern lässt.
Das sollte ein Denkanstoß sein,
ralfB
sAsChA am :
Ariri am :
Mr. j am :
Warum müssen den alle immer so auf Apple rumhacken. Apple ist zwar natürlich nicht perfekt, aber die meisten anderen Unternehmen sind es auch nicht. Nur kümmert es niemanden wen Samsung auch bei Foxcon fertigt, es ist wie floh schon sagt, einfach nicht so interessant.
Der einzige Punkt bei dem ich Floh nicht so Recht zustimmen will ist im Falle Hoeneß. Es stimmt schon das es von der Boulevard Presse sehr aufgebauscht wird, aber Steuerhinterziehung ist wirklich kein Kavaliersdelikt. Nach dieser Steuer Affäre sehe ich den Herrn Hoeneß aus einem anderen Licht als zuvor.
Frank am :
Ben am :
Sorry, aber wir reden doch nicht hier von zu schnell fahren oder Ladendiebstahl.
Die Leute die den Blog hier lesen haben sicherlich nicht ähnliche "Fehler" gemacht um sich an die Nase fassen zu können.
Frank am :
SaS am :
Florian am :
Die Manipulation der Massenmedien ist ein echtes Problem heutzutage. Der Stern ist da ja auch ganz groß drin, man könnte Apple einfach durch die katholische Kirche ersetzen und die Kritik ist immer noch berechtigt. Das Problem ist einfach, wenn Leute sich zu einseitig informieren, da ist die Beeinflussung vorprogrammiert.
Dok S am :
Berichte über Ärztepfusch und Abrechnungsbetrug sind noch schlechter recherchiert und grottig schlecht.
Apple wird's überleben :-)
MacMax am :
Apple steht in der Aufmerksamkeit und ist schon lange kein Underdog mehr. Negatives war schon immer interessanter ( verkaufsfördernder) als Positives.
Ich denke nur an die Hetze gegenüber Amazon. Das grenzte schon an Verleumdung, auch durch gefälschte Beiträge.
Es ist vom Einzelnen mehr denn je gefordert zu versuchen die Sachen objektiv zu beurteilen ...
Der Presse , auch den ÖR traue ich schon lange nicht mehr ...
Stephan am :
Christian am :
Juke am :
Armin am :
Es ist nun mal so das jede positive oder auch negative Meldung zu Apple eine höhere Wahrnehmung zugestanden bekommt als zu anderen vergleichbaren Mitbewerbern . Ich erinnere mich mit Keep Smiling an die Berichterstattung zur Barcelona Messe 2011. Da stellten alle anderen Anbieter nach über 1 Jahr IPAD ihre teilweise unausgereiften Tablets vor und in den untergeordneten Digital Seiten wie bei NTV wurde dies mit dem Abgesang auf Apple kombiniert .... Nun 1 Woche nach der Messe stellte Apple das IPAD 2 vor und es war die Topmeldung bei NTV. Tja irgendwie Taten mir die Produktmanager für Tablets von Hp, Samsung usw. Leid soviel Mühe für ein bisschen Mediale Aufmerksamkeit und dann blow away aus den Medien lol
Mx am :
Burki am :
Nur in einem Punkt muss ich dir widersprechen: "Pauschal ist immer die Rede von Smartphone-Viren oder -Malware, was ohne die Erwähnung der Vorteile von iOS auch das iPhone einschließt." Ich habe Teile der Sendung ebenfalls gesehen und dort hat der "Spezialist" explizit darauf hingewiesen, dass es für iOS ggw. keine aktiven Virenbedrohungen gibt.
Frank am :
Gerrit am :