Kommentar: Das Forstall-Aus und seine Auswirkungen

Und so sieht es immer mehr danach aus, als sei Scott Forstall nicht von sich aus gegangen, sondern mehr oder weniger gefeuert worden, wie auch John Gruber glaubt. Die Gründe dafür seien vielschichtig. Neben seinem bereits angesprochenen schwierigen Charakter soll es vor allem auch designtechnisch nicht mehr zwischen ihm und dem Rest von Apple gepasst haben. Während Forstall ein Verfechter des sogenannten Skeuomorphismus ist, steht sein direkter Nachfolger in Sachen UI-Design, Jony Ive, eher für klares, minimalistisches Design. Erst im vergangenen Monat gab es Berichte über Apple-interne Streits hinsichtlich des Skeuomorphismus-Designs. Dabei werden reale Elemente auf die digitalen Geräte übertragen. Beispiele hierfür sind das in nachgestelltes Leder gefasste Adressbuch und die Wo sind meine Freunde App oder auch die Bücherregale in der iBooks- oder iTunes U-App.
Nicht zu unterschätzen sind auch die letzten Fehlschläge in iOS, die Scott Forstall zu verantworten hat, mit Namen Siri und die neue Karten-App. Speziell letztere soll das Fass zum überlaufen gebracht haben. Tim Cook sah sich gar genötigt, einen offenen Brief auf die Apple-Webseiten zu setzen, in dem er sich für die Unzulänglichkeiten der App entschuldigt. Laut Fortune sollte auch Forstall diesen Brief unterzeichnen, weigerte sich jedoch dies zu tun.
Alles in allem wird immer klarer, dass Scott Forstall nicht mehr in das Apple, welches nun von Tim Cook geleitet wird, passt. Manche sehen ihn gar als Hindernis bei der Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens. In diesem Zusammenhang wird dann auch die Überschrift von Apples Pressemitteilung klarer, in der man ankündigt, durch die Umstrukturierung eine engere Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Hardware, Software und Services zu fördern. Die in diesem Sinne zweifellos gravierendste Änderung ist der größer gewordene Einfluss von Jony Ive auf das User Interface der Apple-Software. Dieser dürfte sich bereits in relativ kurzer Zeit auswirken. Ich bin schon jetzt, kurz nach der Veröffentlichung von iOS 6 mächtig gespannt, wie sich das mobile Betriebssystem unter dem Einfluss von Jony Ive im kommenden Jahr verändern wird. Die ersten Schritte auf dem Weg dorthin könnten sich auch bereits in einer eventuell Anfang des Jahres erscheinenden Vorabversion des nächsten großen OS X Updates zeigen.
Die beiden kritisierten iOS-Funktionen Siri und Maps werden künftig von Eddy Cue verantwortet, der bereits das MobileMe-Disaster durch das unter seiner Leitung stehende iCloud einigermaßen ausbügeln konnte. Cue ist ein Apple-Veteran, der bereits gezeigt hat, dass er derlei Probleme beheben kann. Auch hier ist also in Kürze mit den ersten sichtbaren Veränderungen zu rechnen.
Innerhalb des Unternehmens soll die allgemeine Stimmung ob des Weggangs von Scott Forstall überwiegend positiv sein. Gegenüber der New York Times soll sich ein Informant zu der Aussage hinreißen gelassen haben, "This was better than the Giants winning the World Series. People are really excited."
Apple hat die Veröffentlichung der Informationen übrigens mal wieder ziemlich clever gelegt. Während am gestrigen Tage nicht nur neue Android-Produkte von Google vorgestellt wurde, sondern auch noch Windows Phone 8, zog die Nachricht über das Aus von Scott Forstall deutlich mehr Aufmerksamkeit auf sich. Und nicht nur das. Durch den Hurrikan "Sandy" wurde an der New Yorker Börse gestern der Handel ausgesetzt. Sicherlich hätte die Pressemitteilung Auswirkungen auf den Kurs gehabt. Nun können sich alle erstmal beruhigen, bevor der Handel wieder beginnt. Ähnlich hatte man auch seinerzeit bei der Mitteilung verfahren, dass Steve Jobs sein Amt als CEO abgibt.
Bei all dem sollte man aus meiner Sicht jedoch eines nicht vergessen. Scott Forstall hat einen sehr großen Anteil am Erfolg von iOS. Letzten Endes war er es, der dieses System zum besten derzeit verfügbaren mobilen Betriebssystem gemacht hat. Man hatte allerdings in der Tat bei den letzten beiden Versionen den Eindruck, als habe die Entwicklung ein wenig stagniert und als würde die Kritik langsam aber sicher die Begeisterung überlagern. Insofern darf man gespannt sein, wo die Reise von Apples wichtigster Plattform für die Zukunft unter Craig Federighi und Jony Ive hingehen wird.
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt
Unilife am :
and go away!
Mir scheint als wolle Apple die letzte Leitfigur (Jobs) und alles was damit verbunden war, mit aller Macht demontieren. Nur die Marke zählt?!
Ein Andenken ohne Denkmal.
sAsChA am :
Archetim am :
Benny am :
airwolf am :
Es muss immer weiter gehen. Lassen wir uns überraschen!
Jesper Bliesener am :
Aviator am :
Was diese Änderung bei Apple bewirkt und was letztendlich der Kunde davon haben wird, werden wir frühestens in einem Jahr sehen. Bis dahin werden sich die Wogen glätten. Vergessen wir nicht - neue Besen kehren am Anfang immer gut...
Can am :
Ahja, der neue Ziffernblock ist so hässlich! Ich will den alten wieder haben!! -.-
Aber da tut sich jetzt bestimmt bald wieder was. Zum glück :)
flo3001 am :
Angelika am :
Bezeichnend ist der Satz - er war SJ´s Junge - aber er vergaß das er nicht SJ ist.
Das wäre wirklich eine schlechte Einstellung von Scott Forstall.
Aber genauso schwierig sehe ich eine komplette Demontage all dessen was SJ implementiert hat. Das hat Apple nämlich schon mal gemacht und ist damit böse auf die Nase gefallen.
Ich persönlich empfinde auch TC als ein wenig zu Harmoniesüchtig -- sei es im Team wie auch in der Öffentlichkeit wenn jeder Kritikfurz erstmal in einem Statement endet. Da war SJ´s Härte sicher unbequem, aber erfolgreicher.
Wir werden nicht ändern können, was bei Apple hinter den Kulissen abläuft. Bleibt abzuwarten, wie vielleicht in einem Jahr das Ergebnis dazu aussieht.
Man spürt mehr und mehr, dass es nicht mehr das Apple des Steve Jobs sein wird -- und ich wage nicht zu sagen, ob das für Apple nun gut oder schlecht endet. Bin aber skeptisch was die Tendenz zu gut angeht.
Chris am :
Das merkt/riecht man seit Steves Fehlen zunehmend bei Apple - auch als dummer IOS Anwender sehr deutlich!
Ob Apple noch die Kraft hat, das Ruder wieder herumzureißen, wird die Zukunft zeigen...
Danke Flo für den Bericht!
mekkie am :
Warum herumreissen? Apple geht es absolut hervorragend! Jetzt sind die Weichen gestellt worden für die Zukunft. Ich denke eine gute Entscheidung...
man wird sehen.
Robin am :
Für mich klingt der Kommentar so spekulativ, daß man mit reinen Spekulationen nicht den Ruf eines Menschen angehen sollte.
Das liest sich ja wie das Getuschel am Schulhof. (der hat gesagt, laut dem soll es so sein, usw...)
Das ist aus "meiner Sicht" kein qualitativer Kommentar sondern geht "für mich" schon eher an kollektive Rufschädugung ohne jegliche 100%tige Fakten.
Sorry wenn das bei mir so ankommt, aber das wollte ich mal gesagt haben.
John Milton am :
Pom am :
Pom am :
Jaype am :
Anonym am :
Tiem am :
Ios aber nur auf iphones die deutlich teurer sind
Wolfgang am :
hmdeike am :
papa's freezeria am :