Beunruhigende Zukunftsaussicht: US Midterm Elections erlauben erstmals Stimmabgabe per App
In den USA stehen in diesem Jahr im November die sogenannten Midterm Elections an. Dabei wird es zum ersten Mal möglich sein, seine Stimme auch per Smartphone-App abzugeben. Aus meiner Sicht (und damit stehe ich Gott sei Dank nicht alleine da) ist diese Entwicklung der Super-GAU der Entwicklung hin zur Smartphone-Gesellschaft. Demokratische Wahlen sind so ziemlich das heiligste Gut, welches wir in der westlichen Welt haben und sollten entsprechend sicher und so manipulationsgeschützt wie nur irgendmöglich durchgeführt werden. Da ist aus meiner Sicht auch nicht der geringste Platz für Bequemlichkeit oder Komfort. Der Weg zum örtlichen Wahllokal sollte entsprechend jedem wert sein zu gehen, wenn er oder sie die politische Richtung seines Landes mitbestimmen möchte.
In den USA wird dies nun aber erstmals in einem limitierten Rahmen getestet. Zunächst werden ausschließlich die Einwohner West Virginias und Militärangehörige, die ihren Dienst in Übersee leisten ihre Stimme über die Voatz-App (kostenlos im US-AppStore) abgeben können. Abgesichert wird die Stimmabgabe dabei laut CNN durch eine Gesichtserkennung und die Blockchain-Technologie. Dabei wird über die App zunächst ein Foto des Personalausweises und anschließend ein Selfie-Video des eigenen Gesichts aufgenommen und über die App auf "sichere Server" hochgeladen. Über die Gesichtserkennung soll dann sichergestellt sein, dass die Person auf dem Personalausweis und dem aufgenommen Video auch wirklich ein und dieselbe ist. Die Stimmabgabe erfolgt anschließend Blockchain-gestützt anonymisiert. Der Einsatz bei den Midterm Elections wird dann die erste Nagelprobe sein. Bislang wurde die Voatz-App unter anderem bei der Wahl zur Rock & Roll Hall of Fame eingesetzt.
Während sich all dies komfortabel, bequem und vor allem auch zeitgemäß anhört, ist dies aus meiner Sicht komplett an der Realität vorbei. Und dies hat gleich mehrere Gründe. Zum einen kann es so etwas wie eine garantierte Sicherheit in der IT definitiv nicht geben. Sowohl die App selbst, die genutzten Geräte, die Authentifizierungsmtehode, die Datenübertragung, als auch die online stehenden Server sind naturgemäße Schwachstellen und Angriffspunkte für eine Manipulation von außen. Genau so sieht dies auch Joseph Lorenzo Hall, seines Zeichens Chief Technologist am US Center for Democracy and Technology, der CNN per E-Mail mitteilte:
"Mobile voting is a horrific idea. It’s internet voting on people’s horribly secured devices, over our horrible networks, to servers that are very difficult to secure without a physical paper record of the vote."
Während man das Argument der Möglichkeiten für das im Ausland stationierte Militärpersonal sicherlich noch gelten lassen kann, können auch diese Wähler ihre Stimmen, wie auch in der Vergangenheit, auch weiterhin per herkömmlichen Papier-Wahlschein abgeben.
Ein weiteres Problem betrifft die Anonymisierung der Stimmabgabe. Während dies in der Theorie natürlich komplett möglich und per Blockchain auch plausibel umgesetzt erscheint, eröffnet es natürlich trotz aller Beteuerungen Tür und Tor zur Analyse des Stimmverhaltens.
Bleibt die Hoffnung, dass dies nicht der Weg sein wird, den wir in Zukunft alle gehen werden. Meine Befürchtung ist jedoch, dass mangelnde Reflexion, fehlendes Sicherheitsbewusstsein und die Bequemlichkeit der Nutzer früher oder später dazu führen werden, dass die Stimmabgabe bei Wahlen per App Gang und Gäbe werden wird. Eine aus meiner Sicht ebenso beunruhigende wie erschütternde Zukunftsaussicht.
Kommentare
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Alex am :
Patrick am :
Denken wir in ganz ferner Zukunft an KI - wenn die elektronische Wahl existiert, k\366nnte man auch \u201efehlende W\344hlerstimmen\u201c durch \u201esinnvolle\u201c Algorithmen automatisiert w\344hlen lassen - eine Nachvollziehbarkeit ist ja eh nicht mehr gew\344hrleistet danach
SOE am :
Es gibt auch wunderschöne Feldversuche und Studien (teils in Fernsehserien verarbeitet) wie man durch eine kleine Verschwörung aus Demographie, Statistik und Hacker erst die Wahl in einem Bundesstaat und dann in der ganzen USA beeinflussen und bestimmen könnte.
Das haben wir alles schon durch. Auch Manipulationen an Wahlautomaten gab es schon. Aber wen interessiert das alles schon. Hauptsache bequem.
Wir könne eigentlich nur froh sein, dass BVerfG in der BRD das ganze abgelehnt und gefordert hat, dass jeder Schritt einer Wahl für jeden nachvollziehbar sein muss. Obwohl nicht direkt formuliert, wird es computergestützte Wahlen in Deutschland also niemals geben.
Sc am :
Hauke Haien am :
JoNe am :
Horst am :
WGS am :
Wenn sich in 10 Wahleimern nur diese braune Masse befindet, kann es mir egal sein, ob eine App mich um meine Wahl der Nr. 9 betr\374gt und ich die Nr. 5 erhalte.
JoNe am :
Was geht denn sonst noch \374ber eine App? Online Banking, Volksbefragung, Steuererkl\344rung, Online Bestellungen, Online Zahlungen. Ich glaub, in Estland kann man schon seit 2007 online w\344hlen.
Patrick am :
Eine rein elektronische Stimme kann nicht nachvollziehbar sein
SteveWeHo am :
Übrigens habe ich nie eine Bestätigung dafür erhalten, dass meine Briefwahlen auch wirklich angekommen und gezählt wurden!
Und natürlich ist “sowas in Deutschland nieeeee möglich.” Da gehen nämlich immer weniger zu den Wahlen. Soviel zum Thema demokratisches Verständnis der Deutschen.