Web 2.0 und der Datenschutz

Worüber sollte man sich also aufregen? Hat wirklich irgendjemand Angst davor, dass der Staat plötzlich weiß, wann er mit wem kommuniziert hat? Wohl gemerkt "wann" und "mit wem"! Die Inhalte werden nämlich keineswegs gespeichert. Auch da vermuten wiederum einige die große Verschwörungstheorie und fragen, wer einem denn die 100%ige Sicherheit gibt, dass dem wirklich so ist. So weit sind wir also schon gekommen. Vertrauen gleich Null. Zumindest dem Staat gegenüber.
Den anderen Internetnutzern dagegen scheint man da schon eher zu vertrauen. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang nennt sich "Web 2.0" und bedeutet, dass jeder an den Inhalten und der Gestaltung des Internets mitwirken kann. Hierfür stehen eine ganze Reihe von Anwendungen, wie Blogs, Wikis, Podcasts und Foren zur Verfügung. Dort kann prinzipiell jeder seine Gedanken, Interessen und alles was ihm sonst noch so in den Sinn kommt festhalten und der Welt präsentieren (ungefähr so, wie ich in diesem Blog). Und das ganz ohne irgendwelche Programmierkenntnisse. "Social Networking" ist ein anderes Buzz-Word in diesem Zusammenhang. Seiten die diesen Service anbieten sprießen geradezu aus dem Boden. Hierzulande sind die wichtigsten sozialen Netzwerke das studiVZ und Xing. Ziel ist es, soziale Kontakte zu Gleichgesinnten zu knüpfen. Schaut man sich diese Netzwerke einmal genauer an, stellt man relativ schnell fest, dass in diesen Communities die Bereitschaft, Dinge über sich Preis zu geben deutlich größer ist, als z.B. seine Verbindungsdaten an den Staat. Da gibt es im studiVZ unter anderem Gruppen, in denen die Teilnehmer hemmungslos Nacktfotos miteinander tauschen... Merkt man was? Meine Verbindungsdaten will ich nicht verraten, aber Nacktfotos von mir im Internet sind okay. Gut, das ist vielleicht ein bisschen weit geschossen und es kann auch nicht behauptet werden, dass die Leute mit den Nacktfotos die selben sind, die ihre Verbindungsdaten geheimhalten wollen, aber die Einstellung klingt doch schon ein wenig schizophren. Mal abgesehen davon, dass auch hier niemand weiß, was die (nicht unbeding für ihre Seriösität berühmten) Betreiber des jeweiligen Netzwerkes so alles von ihren Servern fischen.
Ein weiteres Beispiel ist die Musik-Community Last FM. An und für sich eine gute Sache und eine tolle Idee. Doch auch hier braucht man nur einmal durch die Profile der verschiedenen User zu streifen und bekommt schnell einen recht guten Überblick über die Persönlichkeit desjenigen. Schaut man z.B. in das Profil von Proios aus Polen, so erfährt man, dass er sich am 29. Juni auf dem Heineken Open Air in Gdingen befindet. Keine schlechte Information, wenn man sich überlegt, in welche Wohnung man an diesem Tag einsteigen sollte. Selbst die Stasi hätte diese Information wohl nicht besser beschaffen können.
So etwas darf dann also die ganze Welt wissen. Aber dass ich gestern Abend zwischen 19:03 Uhr und 19:37 mit meinen Eltern telefoniert habe ist geheim? Nur für's Protokoll: Ich will hier nicht den Moralapostel spielen und meine schützende Hand über den Staat halten. Aber jeder sollte sich mal selbst überlegen, welche Informationen man über sich alleine im Internet finden kann. Gebe ich beispielsweise meinen Namen bei Google ein, bekomme ich satte 831 Treffer angezeigt. Und ich bin nun wirklich keine Berühmtheit. Die Informationen reichen dabei von Amazon-Rezensionen über Informationen zu meinem Arbeitgeber, meiner ehemaligen Schule, mein Xing-Profil, Kommentare auf anderen Webseiten bis hin zu Einträgen aus meinem eigenen Blog. Bevor man sich also über die Speicherung von Kommunikationsdaten durch den Staat aufregt, der damit ja auch immerhin versuchen will, seine Bürger zu schützen, sollte man sich selbst einmal die Frage stellen, welche Informationen man über sich selbst ohnehin schon preisgibt. Das Web 2.0 liefert hierfür nämlich fast unbemerkt den Nährboden für den gläsernen Bürger, ohne das der Staat seine Finger im Spiel hätte. Und dabei sollte man sich stets vor Augen führen, dass das Internet nie vergisst. Jugendsünden können auch nach Jahren wieder in irgendeiner Ecke des WWW als Link oder als Kopie auftauchen. Die Verbindungsdaten werden dagegen nur für ein halbes Jahr gespeichert. Mein Rat also: Erst nachdenken, dann aufregen...
Kommentare
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Gennaio am :
Ich räume jedem Idioten in Deutschland durchaus das Recht ein seine Daten freiwillig über das Web 2.0 im Internet zu verteilen. Hier ist jeder gefragt (wie du es ja auch schreibst) seinen Kopf einzuschalten.
Aber was hat die Blödheit der Leute (im Bezug auf den sorglosen Umgang mit Daten) mit der Aussetzung der Unschuldsvermutung (VDS) zu tun?
Bevor du dich über ein so wichtiges Thema auslässt solltest du dich vorher vielleicht einmal genauer informieren und die Gegner nicht als dumme Verschwörungstheos hinstellen (oder auf das gleiche Level wie die ganzen Web2.0 Nerds ziehen).
Schade, eigentlich mochte ich deinen Blog ganz gerne, aber sowas kann ich dann auch im Heise-Forum lesen...
Flo am :
Gennaio am :
Das ist ja gerade der Punkt, über den ich mich aufrege.
Ich habe nichts zu verbergen, trotzdem ziehe ich Abends die Gardinen zu... ich schredder meine Post und ich schreie nicht meine privaten Daten ins Netz.
Einfach sinnfrei alle Kommunikationsdaten mitzuschneiden empfinde ich ersteinmal als Angriff auf meine persönlichen Freiheit. Es ist halt etwas anderes einen Verdächtigen zu überwachen, als erst einmal alle zu verdächtigen und deshalb zu überwachen.
Daten sind (imho) nie inhaltslos. Jede Ansammlung von Daten, kann für irgendwas benutzt werden. Und das VDS ist mal wieder ein wundervolles Beispiel, wie bei uns Gesetze umgesetzt und wie Politik funktioniert.
Unter dem Deckmantel der Terror- und KiPo-/Verbrecher-Bekämpfung ist das Gesetzt doch ohne grössere Probleme umgesetzt und durchgewunken worden. Ohne das eine Diskussion darüber geführt wurde, wer zBs. die Überwacher überwacht, wie und wo, wer und was...
Das übliche Chaos und jetzt werden ja auch schon die ersten Stimmen laut, die diese Daten zBs. auch für andere Zwecke verwenden wollen.
In meinen Augen haben die Terroristen bereits gewonnen (obwohl wir in D nichtmal eine ernst zu nehmende Terrorgefahr haben). Wir bespitzeln uns demnächst gegenseitig und überlegen uns zweimal, ob wir neue Freundschaften eingehen. Man weiss ja nie, wenn man da anruft und was man durch so einen Kontakt für Gefahren eingeht. Vielleicht muss man ja doch was verbergen.. der neue Freund / die neue Freundin ist ja dem Islam zugetan.. Hmm, wahrscheinlich doch Terrorkontakte. Lieber links liegen lassen..
P.S. Ich muss dich jetzt erstmal ernsthaft googlen. Wer weiss in welchen Vereinigungen du bist und in welche Gefahr man sich begibt, wenn man hier sorglos rumsurft ;)
Flo am :
Verdammt, hast du mich wirklich gegoogelt? Ich sollte besser aufpassen, was ich so ins Internet stelle... ;-)